Bericht der Osterwanderung von Joachim Wagner in Zeiten der Kontaktsperre:
Fast unbemerkt gingen sie vorbei – die Osterferien! Normalerweise packen da die Outdoorfamilien zum ersten Mal ihre Autos und düsen zum Sonne tanken in den Süden. Wandern, Mountainbiken und Klettersteige in Arco am Gardasee sind üblicherweise die ersten Highlights. Doch dieses Jahr war alles anders. Niemand packte sein Auto, folglich stand auch niemand an Ostern im Stau. Doch das war auch überhaupt nicht nötig, denn Sonne tanken kann man bei uns schon seit Wochen. Da stellte sich nur noch die Frage, kann man auch Urlaub machen? Die Antwort ist einfach, ja! Es gab so viele Dinge, die wir rund um Ostern vorhatten und nicht machen konnten, zum Beispiel einen 50. Geburtstag feiern oder zur Erstkommunion gehen, da wollten wir nicht auch noch auf Urlaub verzichten. Deshalb eben doch Auto packen, aber nur das Nötigste. Es geht zum Wandern und Biwakieren auf die Geislinger Alb! Die dortigen Löwenpfade versprechen schon lange ein paar schöne Wanderstunden und so erkunden wir in drei Wandertagen die „Höhenrunde“, den „Filstalgucker“ und die „Felsenrunde“. Das noch fehlende grün an den Bäumen verschafft uns herrliche Ausblicke und einen farbenfrohes Meer an Frühjahrsblühern am Waldboden. Ganze Teppiche an blühendem Immergrün und Buschwindröschen mag man ja gewohnt sein, aber in einem Feld von hohlem Lerchensporn zu stehen empfinden wir als etwas ganz Besonderem. Die Blumenpracht ist so präsent und geradezu aufdringlich, dass sogar unsere Kinder anfangen sich dafür zu interessieren. Glücklicherweise haben wir ein Bestimmungsbuch dabei und können so unsere Neugier befriedigen und so manche Vermutung bestätigen.
Nachts biwakieren wir in der Nähe des Tiersteins. Unser Campingkocher verwöhnt uns abends mit Rouladen aus der Dose und am nächsten Morgen mit heißem Tee. Doch die Nächte sind milder als angesagt und befürchtet. Vielleicht liegt es aber auch nur an den paar Kilo Daunen, in die wir uns gemümmelt hatten. Jedenfalls dreht sich das Frühstücksgespräch ums Schwitzen und die Fehlentscheidung eine lange Unterhose angezogen zu haben. Auch reift die Erkenntnis, dass man für Urlaub nicht mehr benötigt und wenn nächstes Jahr an Ostern wieder so schönes Wetter ist, kommen wir wieder. Es muss nicht immer die große Reise, die sich einem einprägt, meist sind es besondere Umstände. Und die hatten wir! Vielleicht ein Bild dazu: Als wir am zweiten Abend den Sonnenuntergang betrachten liegt unter uns Drackenstein. Die sonst vielbefahrene Autobahn wirkt richtiggehend verwaist. Um überhaupt ein paar Autos auf das Bild zu bekommen belichten wir mit 30 Sekunden.
Leider sind nach drei herrlichen Wandertagen unsere Vorräte aufgebraucht und wir bereuen es, dass wir nicht mehr eingepackt haben. Gerne hätten wir eine weitere Biwaknacht angehängt. Aber naja, so war es geplant. Urlaub in besonderen Zeiten und Urlaub von besonderen Zeiten. Denn so haben wir es erlebt: Keine Medien und keine Sozialkontakte bedeuten keine Infektionszahlen und keine Mutmaßungen – einfach nur Urlaub. Und wenn wir in ein paar Jahren sagen können: Corona? War das nicht die Zeit mit dem herrlichen Wanderwetter? Dann sind wir mit einem frühlingsblauen Auge davon gekommen.